IHK Wirtschaftsspiegel 7-8 2014

Regionalexpress für Pakete

Pakete versenden, die nicht unbedingt „bandtauglich“ verpackt sein müssen, dafür aber besonders schnell beim Empfänger in der Region ankommen: Dieses Geschäftsmodell wollen zwei Unternehmer von Greven aus als Franchisemodell etablieren.

Ein Paket hat acht Ecken und ist höchstens zwei Meter lang. So oder ähnlich haben nahezu alle Paketdienste ihre Fracht definiert. Bei Henrik Berlemann darf ein Paket auch mal zwei Räder haben. regio-logistik heißt sein 2009 gegründetes Unternehmen, das in Vielem anders ist als die Großen der Branche. Das Konzept dahinter will der 41-Jährige jetzt in der regio-logistik Deutschland GmbH & Co. KG (Ladbergen) mit Geschäftspartner Jörg Unruh als Franchise-Modell bundesweit etablieren. Der Name regio-logistik steht für einen Teil des Konzepts. Der Einsatzbereich ist ein Gebiet um Greven mit einem Radius von rund 50 Kilometern. Er ermöglicht, dass die Pakete am Morgen beim Absender abgeholt werden und in der Regel bereits nachmittags beim Empfänger sind. Was nachmittags eingesammelt wird, erreicht dann am nächsten Morgen seinen Bestimmungsort. „Anfangs haben einige Empfänger die Annahme verweigert, weil sie sich nicht vorstellen konnten, dass es sich bereits um die vor wenigen Stunden bestellte Ware handelte“, erinnert sich Berlemann schmunzelnd. Doch genau dieser schnelle Service hat dafür gesorgt, dass die rund 15 Transporter mit dem grünen Schriftzug schon jetzt täglich rund 700 (Gewerbe-)Kunden anfahren und im Schnitt 1100 Pakete transportieren.

Ohne Umweg über Verteilzentrum

Viele Pakete haben sowohl den Absender als auch den Empfänger in derselben Region. Doch die meisten Paketdienste arbeiten mit großen Verteilzentren, in denen die Pakete und Päckchen nachts neu sortiert werden. Das macht eine Zustellung am selben Tag selbst im Nachbarort unmöglich. Bei regio-logistik treffen sich alle Fahrer morgens in Greven und schlagen die Pakete manuell in einer Halle um. Dann beginnt jeder seine Tour, bei der auch Stückgut von Kunden abgeholt wird. Im Idealfall liegt der Empfänger sogar noch auf der Route und wird direkt ohne Umschlag zugestellt. Mittags wird von allen erneut das Depot am Grevener Hansaring angesteuert. Teilweise wandert die Ware direkt zum Nachbarwagen und nimmt gar nicht erst den „Umweg“ über einen der Sortierplätze. Was nicht in der Region bleibt, wird an ausgesuchte Systempartner weitergegeben.

Satellitenmast und Fahrrad

Der manuelle Umschlag bringt einen weiteren Vorteil: Die Ware muss nicht „bandtauglich“ sein. Womit wir wieder bei dem Paket mit den zwei Rädern sind. Mehrere tausend Fahrräder hat regio-logistik inzwischen transportiert – und die passen auf kein Förderband. Gleiches gilt für Satellitenanlagen. „Das Paket mit der Schüssel will jeder haben, das Päckchen mit dem Receiver auch“, erläutert Henrik Berlemann. „Doch wie kommt der drei Meter lange Mast für die Dachmontage zum Kunden?“ Die Frage beantwortet sich fast von selbst. Und so gehört auch eine Vertriebsgesellschaft für Satellitenanlagen aus Münster zu Berlemanns Kunden. „Wenn wir den Mast transportieren, wollen wir auch den Rest“, sagt der 41-Jährige selbstbewusst. Allein mit Paketen außerhalb der Norm kann auch regio-logistik nicht dauerhaft existieren, zumal die Dienstleistung zu branchenüblichen Paketpreisen angeboten wird.

Kuriere als Franchisepartner

Bei regio-logistik spart der Versender unter Umständen noch an anderer Stelle:
Bei der Verpackung. Statt zum Beispiel 20 Fahrradreifen in einen riesigen Karton zu packen, werden sie einfach mit Kabelbindern zusammengebunden. Die Grevener arbeiten überwiegend mit selbstständigen Kurieren zusammen, ebenfalls ein Franchise-Modell. Dies bedurfte eines umfangreichen Vertragswerkes, hat aber große Vorteile: Die Kurierfranchisepartner haben ein Eigeninteresse an neuen Aufträgen und sehen so in jedem Paketempfänger auch einen potenziellen Kunden. Und die Schadensquote geht gegen Null, selbst bei den nur teilverpackten Fahrrädern. Trotz manuellen Umschlags setzt Berlemann auf moderne Technik. Die Pakete bei regio-logistik haben Barcodes und sämtliche Daten sind in einer eigens entwickelten Datenbank hinterlegt. Gelesen werden sie mit einem Mini-Scanner, der per Bluetooth mit einem Smartphone verbunden ist. Bei jedem Scanvorgang werden die Geodaten des aktuellen Standortes miterfasst. Dies schafft die nötige Transparenz bei rund 270 000 Sendungen pro Jahr.
GREGOR MAUSOLF

QUELLE: IHK Wirtschaftsspiegel 7–8 · 2014 | Seite 56-57 | www.ihk-nordwestfalen.de

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